Moderne und Tradition
Ein potentieller koreanischer Kunde besucht Sie mit einer Delegation in Deutschland. Sie haben für die koreanische Delegation extra ein schönes und traditionelles Hotel ausgesucht. Das Hotel ist in einem Fachwerkhaus und sehr schön renoviert, unter Verwendung vieler Antiquitäten. Bis jetzt waren alle Ihre Besucher sehr zufrieden. Als Sie die Koreaner zu diesem Hotel geführt haben, blicken Sie in die Gesichter der koreanischen Besucher. Diese zeigen Entsetzen und Erstaunen, bis sich einer zu fragen wagt: „Wie alt ist denn dieses Haus?“ Sie fragen sich, warum so reagiert wurde?
Erklärung (vereinfacht):
Der Koreaner denkt vermutlich, sie seien in einer zweitklassigen Absteige einquartiert worden. In Deutschland wird eine lange Tradition oft als Garant für Stabilität und eine solide Grundlage für die Zukunft angesehen. Dabei wird in Jahrzehnten oder Jahrhunderten gedacht. In Korea ist es dagegen alltäglich, dass ein Betrieb im Jahr 2009 mit dem Zusatz „seit 2008“ wirbt. Dies zeigt, dass die Zukunft mindestens ebenso wichtig ist wie lange Traditionen, die für Koreaner eher wenig über die Zukunftschancen aussagen. Außerdem gibt es nur wenige alte Gebäude in Korea. Bereits nach einem Jahrzehnt gilt ein Gebäude oft als unmodern und wird, sobald finanziell möglich, abgerissen und neu gebaut. Wichtiger als Tradition und Gemütlichkeit sind Statussymbole und moderne Technik: Ein Fünf-Sterne-Hotel einer bekannten internationalen Kette wird akzeptiert, auch wenn die Zimmer weltweit überall gleich aussehen. So wird auch der Geschäftsreisende nach Korea im Hotel üblicherweise wenig von koreanischer Tradition bemerken.